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Alles Wissenswerte Zum Pflichtteil

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Nachfolgend informieren wir Sie über den Pflichtteil:

1. Welche Personen haben Anspruch auf den Pflichtteil?

Anspruch auf den Pflichtteil haben durch Testament oder Erbvertrag

  • enterbte Kinder,
  • ausgeschlossene Ehegatten,
  • nicht bedachte Eltern des Verstorbenen.

2. Welche Ansprüche hat der Enterbte?

Der Erblasser kann frei über sein Vermögen verfügen. Zu Lebzeiten kann er sein Geld nach seinen Wünschen ausgeben und verschenken und mittels eines Testaments für den Fall seines Todes regeln, wer ihn beerben soll und wer auch nicht.

3. Was ist, wenn meine Eltern mich enterben?

Enterbt ist ein Kind, wenn Vater oder Mutter in einem Testament oder Erbvertrag entweder ausdrücklich formulieren, dass ein Kind enterbt ist oder es bei der Erbfolge nicht berücksichtigt wird und stattdessen andere Personen als Erben eingesetzt sind.

In diesem Fall hat das Kind nach dem verstorbenen Elternteil einen Anspruch auf den Pflichtteil gegenüber dem oder den Erben.

Der Pflichtteil ist ein reiner Geldanspruch. Das Kind wird zwar wertmäßig am Nachlass beteiligt, hat aber keinen Anspruch auf bestimmte Gegenstände aus dem Nachlass. Der Erblasser hat ausdrücklich entschieden, dass das Kind nichts bekommen soll. Das Gesetz spricht der enterbten Person hingegen eine Mindestsbeteiligung am Nachlass zu, aber nur in Form von Geld. Aus dem Nachlass muss daher nichts herausgegeben werden, auch wenn sich der Pflichtteilberechtigte eventuell wünscht, einen bestimmten, für ihn persönlich wichtigen Gegenstand zu erhalten. Einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch gibt es nicht.

4. Wie hoch ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil entspricht wertmäßig der Hälfte dessen, was dem Enterbten nach gesetzlicher Erbfolge zugestanden hätte. Ausgangspunkt ist also die Prüfung, mit welcher Erbquote das Kind, der Ehegatte oder die Eltern des Verstorbenen am Nachlass beteiligt gewesen wären, wenn keine individuelle Regelung der Erbschaft durch Testament oder Erbvertrag erfolgt wäre.

Beispiel: Der Verstorbene hinterlässt eine Ehefrau und zwei Kinder. Der Erblasser hat seine Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt. Beide Kinder sind dadurch von der Erbfolge ausgeschlossen und haben grundsätzlich Anspruch auf den Pflichtteil. Wäre mangels Testament die gesetzliche Erbfolge eingetreten, hätte die Ehefrau (vereinfacht gesagt) die Hälfte des Vermögens geerbt. Die andere Hälfte hätten sich die beiden Kinder geteilt. Jedes Kind hätte einen Anspruch auf 1/4 des Nachlasses gehabt. Die Kinder sind enterbt und haben daher nun Anspruch auf 1/8 (also die Hälfte von 1/4).

5. Woher weiß ich, wie viel Geld ich als Pflichtteil bekomme?

Die enterbte Person als Pflichtteilsberechtigter hat grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass der Erbe ihm Auskunft darüber erteilt, was der Verstorbene an Vermögen hinterlassen hat. Zu diesem Zweck hat der Erbe ein Bestandsverzeichnis vorzulegen, aus dem sich das noch vorhandenen Vermögen ergibt (z.B. Bargeld, Bankguthaben, persönliche Habe, werthaltige Gegenstände, Fahrzeuge, Immobilien und vieles mehr). Das Verzeichnis hat zudem Verbindlichkeiten, nach dem Todesfall bezahlte Rechnungen und Schulden aufzuführen, damit sich ein Bild ergibt, was nach Abzug von Schulden an positivem Nachlass (Rein-Nachlass oder Netto-Nachlass) übrig bleibt. Von diesem Rein-Nachlass kann anhand der Pflichtteilsquote (halbe gesetzliche Erbquote) der sogenannte ordentliche Pflichtteil errechnet werden.

6. Muss ich Schätzungen des Wertes durch den Erben akzeptieren?

Der Pflichtteilsberechtigte kann entweder der Einschätzung des Erben glauben, hat aber auch einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass der Erbe den Nachlass durch Sachverständige bewerten lässt. Eine Bewertung durch einen unabhängigen Sachverständigen ist im Regelfall bei Autos, besonderen Kunstgegenständen und Möbeln sowie bei Immobilien vorzunehmen. Es ist ratsam, hier nicht einfach auf die Schätzung des Erben zu vertrauen, der regelmäßig das Interesse hat, dass der Pflichtteil geringer ausfällt und daher das Vermögen wermäßig kleiner schätzt.

7. Was mache ich, wenn der Erbe keine Auskunft gibt?

Der Anspruch auf Auskunft und Wertermittlung kann gerichtlich geltend gemacht werden. Der Pflichtteilsberechtigte, der häufig keine genaue Kenntnis vom konkreten Wert des Nachlasses hat, kann Klage gegen den Erben erheben und so seine Ansprüche sichern.

8. Der Verstorbene hat zu Lebzeiten viel Vermögen verschenkt, was kann ich tun?

Der ordentliche Pflichtteil knüpft an den tatsächlich noch vorhandenen Nachlass an. Wenn der Erblasser zu Lebzeiten erhebliches Vermögen verschenkt hat, wird dadurch der ordentliche Pflichtteil geschmälert. Ob der Erblasser dies bewusst mit dem Ziel getan hat, den Pflichtteil zu schmälern oder er einfach spendabel war, spielt dabei keine Rolle. Der ordentliche Pflichtteil kann daher quasi ausgehöhlt sein.

Es gibt daher noch den sogenannten Anspruch auf Pflichtteilsergänzung. Dieser Anspruch bezieht sich auf das zu Lebzeiten vom Verstorbenen verschenkte Vermögen. Maßgeblich sind alle Schenkungen der letzten 10 Jahre. Bei diesen Schenkungen wird so getan, als ob diese noch im Vermögen vorhanden wären. Die Gegenstände müssen nicht tatsächlich in den Nachlass zurückgeholt werden. Die Beschenkten müssen die geschenkten Vermögenswerte nicht zurückgeben.

Es wird zunächst geprüft, welchen Wert das Geschenk zum Zeitpunkt der Schenkung hatte. Dann wird berechnet, was der Gegenstand heute noch wert wäre (Inflationsausgleich). Schließlich wird ermittelt, wie viele Jahre vor dem Erbfall die Schenkung stattgefunden hat. Schenkungen, die länger als 10 Jahre zurückliegen, werden nicht mehr berücksichtigt. Bei Schenkungen innerhalb von 10 Jahren findet eine Abschmelzung des Wertes um 10 % pro Jahr statt. Im ersten Jahr vor dem Tod des Erblassers wird der Gegenstand noch mit 100 % des Wertes berücksichtigt, im 2. Jahr vor dem Erbfall nur wertmäßig mit 90 %, im dritten Jahr vor dem Erbfall nur noch mit 80 % und so weiter.  

Vermögen, welches an den Ehegatten des Erblassers verschenkt wurde, unterliegt weder der 10 Jahresfrist noch der Abschmelzung. Hintergrund ist, dass das Vermögen die Sphäre des Erblassers quasi nicht verlassen hat. Die Gegenstände sind beim Ehegatten noch so nah bei ihm, dass man dies nicht mit Schenkungen an Dritte, wie z.B. an ein Kind oder einen Freund, vergleichen kann.

9. Das Testament sagt, dass ich noch einmal enterbt werde, wenn ich den Pflichtteil geltend mache. Was bedeutet das?

Häufig findet man solche Pflichtteils-Strafklauseln in Testamenten von Eheleuten, auch „Berliner Testament“ genannt. Eheleute setzen sich darin nach dem Tod des ersten Ehegatten zum Alleinerben ein. Die Kinder sind dadurch nach dem ersten Elternteil enterbt und hätten einen Anspruch auf den Pflichtteil. Das Testament sieht für den Fall des Todes des zweiten Elternteils vor, dass die gemeinsamen Kinder zu gleichen Teilen (Schluss-)Erben werden. Hinzu tritt eine Regelung, dass das Kind, welches seinen Pflichtteil nach dem Tod des ersten Elternteils einfordert, auch nach dem Tod des zweiten Elternteils enterbt wird und nur den Pflichteil bekommt (und nicht mehr, wie ursprünglich geplant, gleichberechtigt erbt).

Diese Pflichtteilsstrafklausel soll die Kinder davon abhalten, den Pflichtteil nach dem Tod des ersten Elternteils geltend zu machen. Häufig haben die Eltern nicht ausreichend finanzielle Mittel, um den Pflichtteil (ein reiner Geldanspruch) zu erfüllen. Der überlebende Ehegatte könnte in die Situation kommen, das selbst bewohnte Eigenheim zu verkaufen, nur um den Pflichtteil zu erfüllen. Wenn das Kind trotzdem den Pflichtteil fordert, erhält es später auch nur den Pflichtteil, also die Hälfte von dem, was es sonst erhalten hätte.

Die Pflichtteilsstrafklausel kommt aber nur zum Tragen, wenn es sich bei beiden Ehegatten um die Eltern des Kindes handelt. Nicht relevant ist die Regelung, wenn z.B. der Vater in zweiter Ehe verheiratet ist und das Testament mit seiner zweiten Ehefrau (nicht Mutter des Kindes) errichtet. Nach dem Tod des Vaters kann es ggf. notwendig werden, dass das Kind den Pflichtteil fordert. Wenn das Vermögen erst einmal bei der alleinerbenden zweiten Ehefrau ankommt, würde es ohne Testament nicht mehr zum Kind fließen, weil zwischen zweiter Ehefrau und Kind kein Verwandtschaftsverhältnis besteht. Auch wenn das Testament zunächst das Kind als gemeinsamen Schlusserben vorsieht, könnte die zweite Ehefrau das Testament noch ändern. In diesem Fall bekommt das Kind nichts mehr vom Vermögen des Vaters und hat auch beim zweiten Erbfall keinen Pflichtteilsanspruch nach der zweiten Ehefrau des Vaters (weil nicht Mutter des Kindes).

10. Sprechen Sie uns an, wenn Sie enterbt wurden.

Wir prüfen für Sie Ihre Ansprüche und besprechen mit Ihnen, welche Schritte notwendig sind, damit Sie zu Ihrem Recht kommen.

Wir beraten und vertreten Sie kompetent und zuverlässig. Deutschlandweit.

Raphael Busch
Fachanwalt für ErbrecHT
Testamentsvollstrecker

(07641) 92 41 - 0

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